Ambidextrie, RPA und OKR… vielleicht fühlt sich jemand bei dieser Textzeile noch an die Fantastischen Vier und ihren Hit „MfG – mit freundlichen Grüßen“. In dem Song wird der Abkürzungswahn beschworen und ja, vielleicht auch ein wenig auf die Schippe genommen. Den heutigen Schwerpunkt möchte ich einem Begriff aus meiner Textzeile widmen: den OKRs oder ausgeschrieben, den Objective and Key Results. Der Begriff trendet gerade und ich versuche hier ein wenig Licht ins Dunkle bringen, was das ist und ob das für Verwaltungen eine lohnenswerte Methode ist.

Mehr als nur „smart“

OKR sind ein spannendes Zielführungssystem und vielleicht so was wie der nächste Schritt nach Klassikern wir „smarte Ziele“. Gleich vorweg: Warum sind OKR nun aus meiner Sicht so spannend? Weil sie:

  • so partizipativ und transparent wie möglich aufgestellt werden (alle Beteiligten sind gleichberechtigt involviert, ohne Konsent geht es nicht),
  • die Eigenverantwortung relativ schnell in das Team wandert,
  • sehr dynamisch sind und einen großen Wert auf Meßbarkeit legen,
  • die intrinsische Motivation aller Beteiligten fördern.

Aber eines nach dem anderen.

Objective an Key Results wurden dem Mythos nach von John Doerr entwickelt. Der Mythos ist eng mit Google verbunden, bei denen Doerr nicht nur Investor der ersten Stunde, sondern dank der OKR, vor allem auch strategisch ein wichtiger Partner wurde (Wer es genauer wissen möchte, dem empfehle ich Doerrs Buch „OKR“, kauf hier). OKR bestehen aus zwei Komponenten: dem Ziel (Objective) und den bis zu fünf Key Results (Kennzahlen). Das Ziel ist inspirierend und vor allem qualitativ (nicht messbar) gefasst. Es beschreibt, was es zu erreichen gilt. Die Key Results sind die Schlüsselergebnisse, die quantitativ (messbar) gefasst sind und damit die Zielerrreichung messbar machen (wann sind wir erfolgreich). Aus den Key Results ergeben sich im Verlauf eines Projektes dann auch die konkreten Aufgaben, die es umzusetzen gilt.

Das OKR-Set als Zielttableau

Wie kann ein OKS-Set aussehen? Hier ein Beispiel:

Ziel (Objective): Die große Mehrheit der MitarbeiterInnen der Stadt Musterhausen kennt die Inhalte der Digitalstrategie und ist sensibilisiert die (eigenen) Herausforderungen des digitalen Wandels zu gestalten und sich einzubringen.

Key Results:

  • Bis Ende des Jahres werden acht Workshops mit Inhalten der Digitalstrategie umgesetzt und somit rd. 120 MitarbeiterInnen der Verwaltung erreicht, die die Themen wieder in die Verwaltung multiplizieren, sodass wir eine Bekanntheit von 80 Prozent (bei den MAinnen) der Workshops (und der Themen) erreichen.
  • Nach den Workshops wird eine MA-Befragung durchgeführt (wiederholt), an der min. 20 Prozent der MitarbeiterInnen teilnehmen.
  • Bis Ende des Jahres hat die Gruppe Digitalisierung im sozialen Intranet mindestens 50 Mitglieder, von denen sich min. 50 Prozent regelmäßig beteiligen/mitwirken.
  • Monatlich wird ein Bericht in den Medien zu Digitalisierungsthemen bei der Stadt Musterhausen veröffentlicht.
  • Bis Ende des Jahres baut die Digitalisierungsbeauftragte eine „digitale Community“ Stadt Musterhausen auf, die aus rd. 20 Personen besteht und die aktiv die Digitalstrategie der Stadt begleitet.

Grafik: Ein aus der kommunalen Digitalstrategie abgeleitetes OKR-Set.

Die Stärken von OKR

Die Stärke entfalten sich nicht nur durch die nötige Kreativität (gerade wenn es um strategische Themen geht, ist die Fassung von Key Results nicht immer einfach), sondern insbesondere durch die partizipative Ausgestaltung. Alle, die einen Anteil an der Zielerreichung im Team haben, müssen die OKRs mit gestalten – im Verwaltungskontext ist das meist die größere Herausforderung. Wenn man die Herausforderung meistert, kommen aber die wunderbaren Vorteile zum Tragen, die im OKR-System auch als FACTS bekannt sind:

  • (F)ocus: OKRs unterstützen Effektivität und Effizienz in Teams, da durch die partizipative Aufstellung der Fokus gemeinsam auf das Wesentliche in den Zielen gelegt wird. Im Fokus steht das, was das Team gemeinsam bestimmt.
  • (A)lignment (Ausrichtung/Abstimmung): Durch die partizipative Ausgestaltung und die Betrachtung aller Team-Mitglieder findet eine nachhaltige Abstimmung und somit Ausrichtung auf gemeinsame Ziele statt.
  • (C)ommitment (Verbindlichkeit/Legitimation): Bedarf, Interessen und Mehrwert werden austariert und zwar zwischen allen Beteiligten. OKRs verschaffen Zielen demnach “Legitimation”.
  • (T)ransparency (Transparenz): OKRs werden immer transparent ermittelt und umgesetzt. Das sichert den Wissenstransfer ab und ermöglicht so allen Beteiligten immer eine Verortung und Abstimmung des aktuellen Standes.
  • (S)tretch Goals (gute Ziele): Ziele, die gemeinsam aufgesetzt werden, fördern die intrinsische Motivation, diese auch zu erreichen. Die Empfehlung lautet, die Motivation mit ehrgeizigen Zielen positiv zu fördern.

OKR sind ein agiles System

Die Umsetzung von OKR findet in einem agilen Prozess, dem OKR-Zyklus statt. In der Literatur wir gerne auf quartalsweise Umsetzungsperioden hingewiesen. Aus meiner Sicht ist das aber nicht mehr als eine Richtschnur, gerade in Verwaltungsorganisationen, in denen die Uhr dann doch teils noch anders schlägt.

Grafik: Ein klassischer OKR-Zyklus, der immer eine gute Richtschnur ist.

Für wen sind OKRs und „OKRs light“ geeignet?

Die Findung und das Umsetzen von OKRs ist ein tolles Instrument, aber auch nicht zu unterschätzen. In der Anwendung sollte man einiges beachten. OKRs zählt man gemeinhin zu den agilen Werkzeugen. Entsprechend braucht es auch in allererster Instanz die notwendigen Strukturen und die Organisationskultur dazu, sprich: eine gute Einführung und die nötigen Kompetenzen zur Anwendung, eine gelebte Partizipationskultur, flache Hierarchien, hohe Transparenz, die Fähigkeit zur Selbstorganisation sowie sehr viel Kommunikation. OKR sind ein großartiges Tool für Projektmanagement. Das muss man wollen und zwar alle Beteiligten.

Immer, wenn Agilität ins Spiel kommt, empfehle ich als erstes die Prüfung anhand des Cynefin-Frameworks, ob ein agiles Werkzeug überhaupt Sinn macht. Auch OKR sollten es ab der kritischen Größe „komplex“ Anwendung finden. Klassische Anwendungsfelder in kommunalen Bereich könnten sein: strategische OKRs, ISEK, Einführung der eAkte etc. Allerdings: was wir in letzter Zeit, gerade in der Strategieentwicklung durch Digitalisierungsbeauftragte erfolgreich angewandt haben, sind „OKRs light“, bei der die OKRs zentral aufgesetzt werden und die partizipative Affirmation im Laufe des Zyklus aufgesetzt wird. Der Vorteil: OKRs werden behutsam und im Prozess live eingeführt.

Hast du schon einmal über die Nutzung von OKRs nachgedacht? Melde dich gerne, wenn du Unterstützung brauchst.

Und nach so viel Text, haben wir nun etwas Entspannung verdient…