DigitallotsInnen sind ein großer Mehrwert für Verwaltungen. Denn ich bin der Meinung, dass es zwei Gestaltungsräume gibt, in denen Kommunen die vielleicht besten Erfolge für die Weiterentwicklung ihrer Organisation im digitalen Wandel aus sich heraus leisten können: In der interkommunalen Zusammenarbeit und mithilfe von DigitallotsInnen oder InnovatorInnenteams. Die klassischen DigitallotsInnen sind recht gut bekannt, in einigen Bundesländern (allen voran Baden-Württemberg) wurden dazu Programme aufgelegt. Im folgenden Beitrag geht es um InnovatorInnen, die ich in Abgrenzung zu den klassischen DigitallotsInnen so nenne. Das daraus weiterentwickelte InnovatorInnenprogramm von bächle & spree wurde eng mit der Stadt Ettlingen entwickelt und hat folgende qualitative Unterschiede:

  • Es ist ein interdisziplinäres und bestenfalls hierarchieübergreifendes Team von min. 10 Personen in einer mittelgroßen Verwaltung.
  • Es gibt eine Teamleitung (die/der „BandmanagerIn“).
  • Die Führungsebene akzeptiert das InnovatorInnenteam mit einem Mandat/Votum und stattet das Team ggf. mit einem Handlungsrahmen (allem voran einem „Zeitkontingent“) aus.
  • Das Team und/oder die einzelnen InnovatorInnen haben eine konkrete Einzel- oder Teamaufgabe, die Sie abgestimmt umsetzen.
  • Die DigitallotsInnen werden fortwährend qualifiziert und die Entwicklung des Teams evaluiert. Im Mittelpunkt ihrer Qualifikation steht bestenfalls eine digitale Strategie der Stadt.

Bislang habe ich die Gründung sechs solcher kommunalen Teams und deren Weiterqualifizierung und Entwicklung beratend begleitet und unterstützt. Die meisten Teams entwickeln sich großartig; wenige Teams nicht wie ursprünglich gewünscht. Aber aus allen Prozessen kann man lernen. Hier einige Schlussfolgerungen, die ich mit euch teilen möchte.

  • Zusammensetzung des Teams: Es gibt mehrere Optionen die Teammitglieder überhaupt erst zu finden. Aber es gibt nicht den Königsweg. Bewerbungsverfahren haben den Vorteil, dass sie motivierte KollegInnen heraussieben. Nachteile sind, dass sich im unguten Fall keine KollegInnen oder sie sich nicht ganz freiwillig bewerben. Tendenziell als die bessere Option hat sich die Auswahl von potenziellen InnovatorInnen, in Abstimmung mit deren Führungskräften, gezeigt. Zweifelsohne sollten die Ausgewählten dem Projekt zustimmen. Was die Auswahlkriterien betrifft müssen faire und transparente Regeln gelten und vor allem: Man sollte mit Blick auf das Teamgefüge auswählen. Ein zu stark Technik-fokussierter Auswahlprozess ist nicht gewinnbringend.
  • Teamspirit: Bei allen Gedanken und Zielen, welche Funktion die InnovatorInnenteams in ihrer Verwaltung haben sollen, übersieht man am Ende eines: Die vielleicht wichtigste Voraussetzung, damit das Team überhaupt “wirken” kann, ist das Team selbst. Dazu gehört ein Teambuilding, eine klare Rollenbeschreibung, eine motivierte und offene Haltung, eine demokratische Teamkultur und nicht zuletzt die Legitimation ihrer Rolle durch die Führungsebene. Das ist der Nährboden aus der die Funktion wächst. Entscheidend ist zudem eine wohlwollende und motivierte Atmosphäre von Seiten der Teamleitung, des Kollegiums sowie der Führungskräfte. Nur wenn die TeilnehmerInnen intrinsisch motiviert sind, kann das Team eine gute Wirkung entfalten. Man darf auch nicht vergessen, dass die Teamleitung das Team, dem gegenüber sie in der Regel keine Weisungsbefugnis hat, nur durch eine wertschätzende und wohlwollende Art managen kann. Das vielleicht mächtigste „Werkzeug“ der Teamleitung: Empathie!
  • Qualifikation und Weiterbildung: Wie eingangs festgehalten, entwickelt das InnovatorInnenteam einen Gestaltungsraum, in dem Kommunen aus der Mitte der Organisation innovative und kreative Organisationsentwicklung umsetzen können. Das setzt Grundlagenwissen über Methoden und Werkzeuge sowie Schlüsselkompetenzen des digitalen Wandels voraus. Es ist ein großes Glück, wenn KollegInnen, dieses Setting bereits mit einbringen. Aber niemand sollte dies erwarten. Vielmehr müssen die passenden Angebote zur Weiterbildung und Qualifizierung gemacht werden, sodass jede/r InnovatorIn sich in ihrer/seiner Rolle entwickeln kann. Die Praxis zeigt, dass es dabei weniger die IT-/Technik-Themen sind, die angenommen werden und zielführend sind. Vielmehr sind es Themen der Organisationsweiterentwicklung – soft skills. Zudem sehe ich, dass es lohnt, möglichst frühzeitig das Thema “Projektmanagement” aufzugreifen, um die InnovatorInnen in der Umsetzung ihrer Rolle/ihres Projekts zu unterstützten.
  • Aufwand: Der Aufbau und die Entwicklung eines nachhaltigen InnovatorInnenteams ist eine regelmäßig unterschätzte Aufgabe – am meisten für die Teamleitung. Der Aufwand das Team zu finden, die Arbeit, die Projekte und das Team aufzugleisen und auszusteuern sowie die Motivation hoch zu halten, erfordert nicht nur zu Beginn einen hohen zeitlichen und planerischen Aufwand. Selbst in Teams, die schon zwei Jahre laufen, wird der Aufwand von der Teamleitung noch als hoch eingestuft. Aber auch die InnovatorInnen stoßen schnell an ihre Grenzen. Ein Risiko, da sie ihre Rolle freiwillig wahrnehmen und eine Überforderung schnell zu Frustration führen kann. Die Wirksamkeit und Motivation ist dann größer, wenn die InnovatorInnen Aufgaben übernehmen, die nah an ihrem Alltag dran sind und sich somit schnell ein alltäglicher Nutzen einstellt, der im Umkreis so auch wahrgenommen wird.
  • „Anschlussfähigkeit“: Ein nicht zu unterschätzender Mehrwert die InnovatorInnen als Baustein der Organisationsentwicklung zu denken, ist die Anschlussfähigkeit von Ideen und Projekten, die sich aus dem Team ergeben. Sie sind Mitglieder ihrer Organisation und Sie vereinbaren ihre Rolle qua ihrer Position mit der Rolle als InnovatorIn. Damit sind die prädestiniert, um mit bestem Wissen der Hürden und Herausforderungen innerhalb der Organisation lösungsorientiert zu handeln. Sie entwickeln Ideen und Projekte, die dort anknüpfen, wo kommunale Alltagsrealität stattfindet. Der Wirkungsgrad ist somit höher als durch extern eingeleitete Prozesse.
  • Interkommunaler Austausch: Gemeinsam mit einigen Teams, mit denen ich arbeite, haben wir ein Format aus der Taufe gehoben, das eine unglaublich gute Ergänzung ist: das #kommunalcamp. Zwei Mal im Jahr treffen sich dort die Teams aus den verschiedenen Städten im Barcamp-Setting und tauschen sich zu “ihren” Themen aus. Das Format ist fachlich gehostet und begleitet. Es ist aber immer wieder wunderbar zu sehen, wir der interkommunale Austausch, der wertschätzende Vergleich mit anderen und die gegenseitige Inspiration immer wieder ein Booster für die InnovatorInnen und ihre Teams sind.

Ein Fazit: InnovatorInnenteams können eine großartiger Türöffner für kommunale Verwaltungen sein, um

  • digitale Themen in der Organisation zu kommunizieren und zu multiplizieren.
  • einen verwaltungsinternen Gestaltungsraum aufzubauen, und darin mit kreativen und innovativen Methoden, Prozessen und Strukturen zu experimentieren, die bestenfalls implementiert werden.
  • eine kulturelle Wandel zu fördern, der in der Verwaltung wächst und sich fortpflanzt.
  • MitarbeiterInnen auf spannende und kreative Art und Weise für eine neue Rolle und neue Sichtweisen auf die Verwaltung zu qualifizieren.
  • aus der Verwaltung heraus, die eigene Organisation mit eigenen MitarbeiterInnen und entlang eines eigenen Bedarfs für Herausforderungen der Zukunft weiterzuentwickeln.